Endlich ist es raus! Die Geschichte von Nilaja. Katharina Akpa

Endlich ist es raus! – Die Geschichte von Nilaja

Katharina Akpa –

Ich lebe in Nigeria. Im Februar 2013 sind mein Mann und ich gebeten worden, zwei Schwestern, deren Eltern vom islamischen Stamm der Fulani ermordet worden waren, aufzunehmen. Als wir Sakita und Nilaja abholten, hatte Nilaja, die Ältere, ganz tote Augen. Ich fragte mich, ob ich sie wohl je lieben werden könne. Das hat sich sehr schnell geändert, nachdem sie zu uns kam. Nilaja war wie ausgewechselt, außer sich vor Glück und Freude. Wir kamen uns sehr nahe.

Jahrelang war sie einfach ein glückliches Kind, bis sich das ungefähr mit ihrem 16. Geburtstag änderte. Monat um Monat wurde sie immer dunkler und unzufriedener und distanzierte sich zunehmend von mir. Es war wirklich schwierig, für uns alle. Ich bat Freundinnen, für sie und auch für mich zu beten, und schon nach zwei Tagen war sie offener und freundlicher, aber ein Durchbruch war es nicht. Wir wussten immer noch nicht, welchen Kampf sie ausfechten musste, und sie konnte es nicht sagen.

Abends sitzen wir alle zusammen, um die Bibel zu lesen und zu beten und auszutauschen, aber ihr Gesicht blieb verschlossen. Auch als ich einmal richtig böse wurde und sie scharf ansprach, drang ich nicht zu ihr durch. Irgendwann hat mein Mann Israel sie gefragt, was los sei. Endlich ist sie in Tränen ausgebrochen, hat so geweint, dass sie nicht reden konnte und dann aufgeschrieben, was in ihr passiert. Sie schrieb, wie wütend sie auf Gott sei, weil er erlaubt hat, dass ihre Eltern ermordet wurden, dass ihre Eltern weder bei ihrem Schulabschluss noch bei ihrer Hochzeit dabei sein würden. Sie wollte doch so gerne ihre Eltern stolz machen und sei deshalb so außer sich vor Wut auf Gott.

Endlich kannte ich die Wahrheit. Ich war überzeugt, dass ich ihr zusagen durfte, dass ihre Eltern an allen wichtigen Tagen ihres Lebens da sein würden, beide waren gläubig gewesen, und tat das auch. „Ich glaube, Jesus wird deine Eltern bringen und sie werden da sein.“ Wir haben beide geheult und ich konnte sie trösten und ihr wieder und wieder sagen, wie froh ich sei, dass sie aussprechen konnte, was ihr auf der Seele läge. Und dann war es gut, das war die Umkehr. Sie war frei.

Natürlich war das nicht das Ende, es musste noch vieles bearbeitet werden. Ich sagte ihr, was für ein mutiges Mädchen sie sei, dass sie sich traue, auszusprechen, was für eine Wut sie habe. In Nigeria haben die Leute große Angst davor, Verstorbenen gegenüber etwas auszusprechen. „Wenn es dir schwer fällt, deinen Eltern zu sagen, was du fühlst, dann sage es Jesus, alles, was du ihnen noch gerne sagen willst. Schütte ihm dein ganzes Herz aus.“ Ob sie das gemacht hat, weiß ich nicht, aber sie war wirklich erlöst, und wir natürlich auch. Die Wahrheit zu sagen hat sie frei gemacht. Auch wenn der Prozess noch nicht abgeschlossen ist, ist zumindest dieses Dunkle weg.

Katharina Akpa hat 1998/99 ein FSJ in der OJC gemacht. Heute lebt sie mit ihrem Mann Israel, den Töchtern Jairah und Noa und acht Pflegekindern nahe der Stadt Jos in Nigeria.

Bild:©Nupo Deyon Daniel / unsplash
Brennpunkt-Seelsorge 2 / 2022: Wahrheit wagen
Magazin bestellen oder PDF downloaden
Vorheriger Beitrag
Mit Herz und Hirn – Wahrheit suchen, Gott finden
Nächster Beitrag
Ohne mich! Was immer du tust – nicht mitlügen!

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Bitte füllen Sie dieses Feld aus.
Bitte füllen Sie dieses Feld aus.
Bitte gib eine gültige E-Mail-Adresse ein.
Sie müssen den Bedingungen zustimmen, um fortzufahren.

Weitere Artikel zum Thema

Archiv