einsam.

Alles wackelt

Es ist Februar. Wir befinden uns als OJC-Kommunität auf dem Skywalk, der mit 665 Metern längsten Hängebrücke Deutschlands. Wir sind gemeinsam unterwegs und doch geht jeder für sich allein. Für mich ist dieser Gang, gelinde gesagt, furchtbar. Alles wackelt, ich habe Angst, kann kaum sichere Schritte machen. Am liebsten würde ich umkehren. Mit viel Anstrengung schaffe ich es auf die andere Seite. Auf dem Rückweg bietet eine meiner Gefährtinnen mir an, mich bei ihr unterzuhaken. Und plötzlich verändert sich alles. Als ich mit ihr, im wahrsten Sinne verbunden, über die gleiche Brücke zurücklaufe, wird es leicht. Ich kann meinen Kopf heben und sogar die Aussicht genießen. Ich kann Freude empfinden und fühle mich durch die Verbundenheit mit ihr sicher und wieder lebendig.

Neue Forschungen bestätigen: Ein vertrautes Miteinander und Zugehörigkeit haben tiefgreifende positive Auswirkungen auf unsere körperliche und psychische Gesundheit – auch jenseits von Hängebrücken. Die Realität ist vielfach eine andere: Sprachnachrichten statt spontanem Anruf, Homeoffice und Online-Meetings, mit Stoppuhr ablaufende Behandlungen in der Pflege und ein möglichst auf Effizienz getrimmter Familienalltag – wir verbringen immer weniger Zeit in echtem Miteinander.

Laut WHO ist Einsamkeit längst zu einer globalen Herausforderung geworden. Viele von uns kommen im Laufe ihres Lebens in Kontakt mit dieser schmerzlichen Erfahrung. Das Gefühl der Einsamkeit ist subjektiv und zieht sich durch alle Altersgruppen. Von außen können wir Einsamkeit oft nicht sehen und es ist ein Trugschluss, dass Menschen sich in einer Familie oder einem Freundeskreis nicht einsam fühlen können. Es geht um das tiefe Bedürfnis nach Verbundenheit.

Gott hat uns als seine Ebenbilder geschaffen. Er selbst ist Gemeinschaft und will, dass auch unter uns Beziehung entsteht und gelingt. Wir brauchen einander und wir brauchen Orte, an denen Gemeinschaft wieder erlebbar und spürbar wird. Dazu wollen wir mit unserem Leben beitragen und uns gegenseitig ermutigen. Lasst euch ansprechen und inspirieren von den persönlichen Berichten und Impulsen dieser Hoffen-Ausgabe und lasst uns den Weg hinein in Verbundenheit und Zugehörigkeit (neu) wagen – mit Gott und miteinander.

Herzliche Grüße
Carolin Schneider


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